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Softwarepatente: Neueste Entwicklungen auf europäischer Ebene

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In letzter Zeit ist wieder vermehrt über Softwarepatente diskutiert worden. Angeheizt durch die großen Patentstreitigkeiten zwischen namhaften Vertretern der Smartphone- und Softwarebranche (z.B. Apple, Samsung, Google, Microsoft) melden sich regelmäßig Fachleute diesseits und jenseits des Atlantiks zu Wort, die den Wert eines Patentsystems im Hinblick auf Softwarepatente kritisch sehen und dessen Auswirkungen auf Innovationen und Verbraucherfreundlichkeit in Frage stellen.

Vor diesem Hintergrund treten auch die neuesten Entwicklungen auf dem Weg in ein einheitliches europäisches Patent in den Fokus einer breiteren, IT-interessierten Öffentlichkeit. Zwar existiert schon seit gut 30 Jahren ein "Europäisches Patent", das vom Europäischen Patentamt in München erteilt wird. In Wahrheit handelt es sich dabei jedoch um ein Bündel von nationalen Patenten, die in jedem Land gesondert behandelt werden. Zum Schutz ihrer Innovationen drängt die Industrie daher schon seit geraumer Zeit auf ein echtes Europapatent, das unmittelbar Wirkung in allen Ländern Europas haben soll und auch vor einem einzelnen Gericht für ganz Europa geltend gemacht werden kann.

Auch nach jahrelangem Tauziehen war eine politische Einigung sämtlicher Mitgliedsstaaten nicht absehbar. Aus diesem Grund hat im Jahr 2011 ein Großteil der Europäischen Mitgliedsstaaten einen Vorstoß zur Einführung eines sogenannten "Einheitspatents" unternommen. Dieses Einheitspatent soll zwar nicht in ganz Europa, aber immerhin in den meisten seiner Mitgliedsstaaten unmittelbar Geltung erlangen. Zudem soll für das Einheitspatent im Prinzip ein einziges Gericht, der "Unified Patent Court", zuständig sein. Hier hat sich der Ministerrat am Rande einer Konferenz zum Euro-Rettungsschirm Ende Juni 2012 zuletzt auch auf Paris als Standort für dieses Zentralgericht (mit Außenstellen in München und London) geeinigt.

Die Sorge vieler Software-Experten ist jedoch, dass sich mit einem solchen Einheitspatent auch die immer wieder kritisierte, großzügige Erteilungspraxis des Europäischen Patentamts zu Softwarepatenten weiter manifestiert. Es besteht der Vorwurf, dass viel zu viele Softwarepatente erteilt werden und damit gerade für kleinere Softwareentwickler eine ständige Gefahr besteht, in die Patentfalle eines großen Mittbewerbers zu tappen. Wie zur Bestätigung hat auch in Deutschland der Bundesgerichtshof in den letzten Jahren seine restriktive Haltung zu Softwarepatenten aufgegeben und ist mehr und mehr auf die europäische Linie eingeschwenkt.

Eine endgültige Einigung zum Einheitspatent ist jedoch vorerst wieder ins Stocken geraten. Nachdem sich die beteiligten Mitgliedsstaaten über fast alle Aspekte des Einheitspatents verständigt hatten, ist kurz vor Schluss eine Diskussion darüber aufgekommen, inwieweit der Europäische Gerichtshof beim zentralen Aspekt der Patentauslegung für das Einheitspatent eine Rolle spielen soll. Über diese Diskussion ist jedoch die gesamte politische Entscheidung zum Einheitspatent ins Stocken geraten. Eine schnelle Einigung ist nicht in Sicht.

Für die Gegner von Softwarepatenten ist eine erneute Verzögerung auf dem Weg zum Einheitspatent willkommen. Denn das Risiko einer weiteren Aufweichung von Erteilungskriterien für Softwarepatente scheint nicht unbegründet. Dies führt auf der einen Seite bei vielen Softwareentwicklern zu steigender Rechtsunsicherheit. Denn auch vermeintlich eigene Entwicklungen könnten bereits durch die Konkurrenz geschützt sein. Auf der anderen Seite ist die Bestandskraft vieler Softwarepatente fraglich, bei denen es letztlich nur um die "handwerkliche Kunst" des Programmierens geht. Nur wirklich innovative Konzepte mögen schützenswert sein, viele andere Patentanmeldungen führen nicht zur Erteilung oder werden im Nachhinein widerrufen. Es bleibt spannend, wie sich der Weg zu einem Einheitspatent weiterentwickelt und welche Auswirkungen dies auf die Erteilung von Softwarepatenten haben wird. Wir werden Sie an dieser Stelle weiterhin über neue Entwicklungen informieren.


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